In diesem Kapitel müssen Sie sich nochmals theoretisches Wissen aneignen und versuchen die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem griechischen Verbsystem zu durchdenken und zu verstehen.
Wir versprechen Ihnen aber: Wenn Sie dieses Theoriekapitel durchgearbeitet haben, lernen Sie wieder viel praktisches Anwendungswissen.
Lassen Sie uns einsteigen in die Theorie griechischer Verbformen:
Viele Zeiten im Griechischen werden nach dieser Faustregel gebildet:
Man braucht also einen Verbstamm, um ein Verb in einer bestimmten Zeitform (Gegenwart / Vergangenheit / Zukunft) ausdrücken zu können. An diesen Verbstamm muss man noch eine Endung anhängen: Diese Endung drückt dann Person, Zahl und Zeit aus. Aber schauen wir uns das mal an einem Beispiel an:
*Anmerkung: Das Personalpronomen müssen Sie im Griechischen nur dann nennen, wenn Sie dies ganz besonders betonen möchten. Meistens wird es weggelassen.
In unserem Beispiel erkennen wir Folgendes: Zuerst sehen wir den Verbstamm (μαθαίν). An diesen hängen wir die Endung (ω) an. Diese Endung signalisiert, dass es sich hier um die 1. Person Singular („ich“) im Indikativ Präsens („lerne“) handelt.
Jetzt schauen wir uns weitere Beispiele in verschiedenen Zeiten an:
Welches theoretische Grundwissen können wir uns aus dieser Tabelle erschließen?:
Bestimmt haben Sie es schon bemerkt: Es gibt vom griechischen Verb „lernen“ anscheinend zwei Verbstämme. Der eine Verbstamm ist in der Tabelle mit blauer Farbe markiert und den anderen Verbstamm haben wir mit rot gekennzeichnet. In den ersten drei Zeilen der Tabelle sehen Sie Verbformen, die mit dem Präsensstamm des Verbs „lernen“ gebildet werden. In den übrigen Beispielen wurden die Zeiten basierend auf dem Aoriststamm des Verbs „lernen“ gebildet.
Diese beiden unterschiedlichen Verbstämme drücken den Aspekt eines griechischen Verbs aus. Mit „Aspekt“ beschreibt man die „Blickrichtung“ eines Verbs. Mit dieser Blickrichtung konzentriert sich ein Sprecher nicht darauf, Zeitverhältnisse (wann passiert etwas?) zu betonen, sondern er zielt darauf ab zu beschreiben, auf welche Art und Weise eine Handlung passiert (wie passiert etwas?).
In manchen Lehrwerken zur Grammatik des Neugriechischen wird der Präsensstamm auch als „Stamm 1“ bezeichnet. Man kann auch die Bezeichnungen „imperfektiver Stamm“ oder „parataktischer Verbstamm“ finden.
Der Präsensstamm markiert Vorgänge und Handlungen, die ein Grieche als dauerhaft oder wiederholt beschreibt.
Mit dem Präsensstamm werden diese Zeiten im Griechischen gebildet:
Der 2. Verbstamm wird in verschiedenen Lehrwerken unterschiedlich bezeichnet: Mal lernt man ihn unter der Bezeichnung „Aoriststamm“ kennen – mal wird er als „perfektiver Verbstamm“ eingeführt.
Der Aoriststamm griechischer Verben, kommt immer dann zum Einsatz, wenn es um einmalige oder punktuelle Handlungen geht.
Mit dem Aoriststamm werden diese Zeiten im Griechischen gebildet:
Hier zeigen wir Ihnen diese beiden Verbstämme und ihre Aufgaben nochmal in einer Übersicht:
Wie gehen wir nun vor? In den folgenden Kapiteln zeigen wir Ihnen in einem ersten Block alle Zeiten, die Sie mit dem Präsensstamm eines Verbs bilden können. Diese Kapitel zeigen Ihnen also das Präsens, das Imperfekt und das Futur continuum. (Erst später lernen Sie die Zeiten, die mit dem Aoriststamm des Verbs gebildet werden.)