Bevor wir Sie gleich auf den Infinitiv der spanischen Verben loslassen, wollen wir Ihnen einen kurzen Überblick über das Wesentliche zum spanischen Verb geben.
Nun, was ist ein Verb? – Ein Verb ist eine – wenn nicht DIE – Wortklasse des Spanischen. Verben bringen Handlungen (daher auch das Synonym „TUNwort“), Zustände und Geschehen zum Ausdruck. Das Verb – egal, ob als alleinstehendes Vollverb oder in einer zusammengesetzten Form mit einem Hilfsverb – bildet in seiner Funktion als Prädikat die Satzaussage eines jeden Satzes.
Der letzte Satz führt uns zu einer wichtigen Unterscheidung der Verben: Auch im Spanischen müssen Sie zwischen „Vollverben“ und „Hilfsverben“ differenzieren. Die meisten Verben des Spanischen sind Vollverben. Ein Vollverb ist ein Verb, das alleine (neben dem Subjekt) in einem Satz stehen kann. Vollverben drücken Handlungen oder Zustände aus. Ein Hilfsverb dagegen ist ein Verb, das erst zusammen mit einem Vollverb eine vollständige grammatikalische Form bildet. Hilfsverben („haben“, „sein“, „werden“) können auch alleine stehen. In diesem Fall aber gelten diese Verben dann als Vollverben.
Wichtig für Sie zu wissen ist, dass man einige Zeitformen im Spanischen unter Zuhilfenahme eines Hilfsverbs bildet. Das funktioniert wie im Deutschen auch. Denken Sie nur an die Bildung des Perfekts im Deutschen: „ich habe (Hilfsverb) geschrieben (Vollverb)“, „du hast (Hilfsverb) geschrieben (Vollverb)“, etc.
Genauso läuft die Bildung des Perfekts im Spanischen: Sie nehmen eine Form des Hilfsverbs „haber“ (dt.: haben) und kombinieren sie mit dem Partizip Perfekt des Vollverbs. – Wir wollen an dieser Stelle nicht zu sehr vorgreifen. Dieses Beispiel soll lediglich dazu dienen, Ihnen vor Augen zu führen, dass es sehr nützlich ist die (leider) unregelmäßigen Konjugationsformen der Hilfsverben auswendig zu kennen. Aus diesem Grund werden Sie noch ehe Sie die Präsensformen der Vollverben kennenlernen, Gelegenheit haben, sich mit den Konjugationsformen der Hilfsverben auseinander zu setzen.
Im spanischen Verbsystem gibt es veränderliche und unveränderliche Formen des Verbs. Zu den unveränderlichen Formen zählen der Infinitiv (ihn werden Sie im folgenden Kapitel gleich näher kennenlernen), das Partizip und eine Form, die es so im Deutschen nicht gibt, der „gerundio“.
Veränderlich sind alle Verbformen, die in den drei Modi des Spanischen gebildet werden können. Zu den drei Modi (Aussageweisen) des Spanischen zählt man alle Formen des Indikativs (der Wirklichkeitsform), des Imperativs (der Befehlsform) und des „subjuntivo“ (der Wunschform – diese sollte man nicht mit dem deutschen Konjunktiv und seinen Funktionen verwechseln).
Der Bildung der verschiedenen Verbformen liegt ein Muster zugrunde, das Sie sich von Anfang an immer wieder beim Lernen vor Augen führen sollten. Ein Verb im Spanischen besteht aus dem Wortstamm, an den ein bestimmter Vokal und eine Personalendung angehängt sind.
Man kann sich also folgende Faustregel einprägen:
Stammform + Vokal + Endung
Der Vokal kennzeichnet oft den Modus oder die Zeit der Verbform. Der mit „Endung“ bezeichnete Teil der Verbform zeigt an, um welche Person es sich handelt.
Die Tatsache, dass das spanische Verb immer in der Endung schon enthält, um welche Person es sich handelt, führt uns zu einem wichtigen Unterschied zwischen dem Spanischen und dem Deutschen: Im Deutschen kann man an der Form eines Verbs oft nicht erkennen, um welche Person es sich handelt. Im Spanischen ist das eindeutig festgelegt. Aus diesem Grund benutzt man im Deutschen das Personalpronomen, um zu kennzeichnen, um welche Person es sich handelt. Im Spanischen lässt man aus demselben Grund das Personalpronomen in der Regel vor einem Verb weg. Es ist immer klar, um welche Person es sich handelt und das muss nicht noch durch den Einsatz des Personalpronomens unterstrichen werden, außer zu spezieller Hervorhebung.
Schauen Sie sich diese Beispiele an:
BEISPIEL comer (essen)
(yo) como
ich esse
(tú) comes
du isst
(él, ella, usted) come
er/sie/es isst
(nosotros, nosotras) comemos
wir essen
(vosotros, vosotras) coméis
ihr esst
(ellos, ellas, ustedes) comen
sie essen
Obige Tabelle zeigt, dass das deutsche Wort „essen“ alleinstehend noch lange nicht klar macht, ob es sich dabei um den Infinitiv, um die 1. Person Plural oder um die 3. Person Plural handelt. Im Spanischen gibt es drei eigene Formen hierfür („comer“, „comemos“, „comen“). Die Gefahr einer Unklarheit besteht nicht.
Sie werden die Personalpronomen aus diesem Grund in dem Teil der Grammatik finden, der sich mit den Pronomen im Spanischen auseinandersetzt. In den Konjugationstabellen werden sie aber in der Regel nicht auftauchen.