Das Verbsystem des Spanischen: Erster Überblick

In diesem großen Teil der Grammatik lernen Sie das Herzstück der spanischen Sprache kennen: das Verbsystem. Im ersten Kapitel wollen wir zunächst einige grundlegende Fragen klären und Ihnen helfen, sich einen ersten Überblick zu verschaffen.

Klären wir zunächst die Frage, was ein Verb eigentlich ist. Das Verb ist Ihnen aus Ihrer Schulzeit vielleicht auch noch unter den Namen „Tunwort“ oder „Tätigkeitswort“ bekannt. Das Verb bildet immer das Prädikat bzw. die Satzaussage des Satzes. Wie im Deutschen auch, gibt es im Spanischen einfache Verbformen:

Beispiel:
El tren llega a las dos.
Der Zug kommt um zwei.

Es gibt auch zusammengesetzte Verbformen, die aus einem Hilfsverb und einer anderen Verbform bestehen:

Beispiel:
El tren ha llegado esta mañana.
Der Zug ist diesen Morgen angekommen.

In diesem Fall besteht die Verbform aus einer Form des Hilfsverbs „haber“ (dt. haben) und dem Partizip Perfekt. Aber keine Sorge, das lernen Sie später noch ganz ausführlich.

Allgemein haben wir unsere Grammatik nach folgenden Prinzipien aufgebaut:
Wir arbeiten uns vom Einfachen zum Schweren vor und behandeln erst häufige und sehr gebräuchliche Formen, die Sie wirklich können sollten. Erst gegen Ende stellen wir Ihnen eher seltenere Phänomene vor, die Sie zunächst getrost hinten anstellen können.

Sollte Ihnen einmal ein deutscher Begriff in der Grammatik unklar sein, ermutigen wir Sie noch einmal im Glossar nachzuschlagen.
Gleichzeitig haben wir uns auch bemüht, sinnvoll von der Verlinkung Gebrauch zu machen, damit Sie schnell noch einmal in anderen Kapiteln nachlesen können.

Was erwartet Sie also im Teil zum spanischen Verbsystem?

Veränderliche und unveränderliche Verbformen

Im Spanischen gibt es (wie im Deutschen) veränderliche und unveränderliche Verbformen.

Zu den unveränderlichen Verbformen zählen zum Beispiel der Infinitiv (comer – essen), das Partizip Perfekt (comido – gegessen) und das „gerundio“ (comiendo – kann man mit „essend“ ins Deutsche übertragen).

Die veränderlichen Verbformen haben verschiedene Endungen für verschiedene Personen. Diese Endung werden an den Stamm des Verbs angehängt.
Sehen Sie sich dazu das folgende Beispiel an:

Die Präsensformen des Verbs „comer“ (dt. essen)
comer (Stamm: com-) essen
(yo) como ich esse
(tú) comes du isst
(usted) come Sie essen
(él, ella,) come er/sie isst
(nosotros, nosotras) comemos wir essen
(vosotros, vosotras) coméis ihr esst
(ustedes) comen Sie essen
(ellos, ellas) comen sie essen

Wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist, stehen bei den spanischen Beispielen die Personalpronomen in Klammern.
Da die Person über die Endung eindeutig bestimmt ist, ist das Personalpronomen im Spanischen nicht zwingend erforderlich. Es kann also meist einfach weggelassen werden. - Das tun wir in den nachfolgenden Verbtabellen auch: Sie finden dort immer nur die spanische Verbform.
Mehr zu den Personalpronomen erfahren Sie in einem gesonderten Kapitel.

Im Spanischen gibt es vier Modi:

Modus 1: der Indikativ
Der Indikativ ist die ganz normale Wirklichkeitsform. Er beschreibt Vorgänge in der Realität.
Beispiel:
Como una manzana. – Ich esse einen Apfel.

Modus 2: der Imperativ Der Imperativ ist die Befehlsform und wird gebraucht um Anweisungen, Aufforderungen oder Verbote auszudrücken.
Beispiel:
¡Come la manzana! – Iss den Apfel!
¡No fumes! – Rauche nicht!

Modus 3: der Konditional
Der Konditional wird vor allem für höfliche Fragen und Ratschläge benutzt. Manche Lehrbücher der spanischen Grammatiken behandeln diesen Modus wie eine Zeit des Indikativs.
Beispiel:
En tu lugar, yo comería otra manzana. – An deiner Stelle würde ich noch einen Apfel essen.

Modus 4: der „Subjuntivo
Der „Subjuntivo“ findet vor allem in Nebensätzen Verwendung, wenn die Satzaussage als möglich, nicht sicher, als ein Wunsch oder als subjektive Meinung gekennzeichnet wird.
Beispiel:
Es posible que él haya comido la última manzana. – Es ist möglich, dass er den letzten Apfel gegessen hat.

Im Spanischen gibt es viele verschiedene Zeiten:

Das Präsens (el presente) drückt wie im Deutschen Gegenwärtiges oder immer Gültiges aus.

Zukünftiges kann entweder durch das Futur (el futuro) bzw. das Futur II erzählt werden, oder aber mit Hilfe der Konstruktion „ir a“ umschrieben werden, die Ihnen vielleicht aus dem Englischen (als „going-to future“) bekannt ist.

Bei den Zeiten der Vergangenheit wird es leider etwas komplizierter:
Das Spanische kennt nämlich vier Zeiten der Vergangenheit. Vielleicht hilft Ihnen diese Übersicht bei einer ersten groben Unterscheidung:

Die spanischen Zeiten der Vergangenheit im Vergleich
dt. Bezeichnung Perfekt Indefinido Imperfekt Plusquamperfekt
span. Bezeichnung (Pretérito) Perfecto oder: P. Compuesto (Pretérito) Indefinido oder: P. Perfecto Simple (Pretérito) Imperfecto (Pretérito) Pluscuamperfecto
Beispiele he hablado hablé hablaba había hablado
he comido comí comía había comido
Gebrauch abgeschlossene Handlungen, die noch nicht weit zurückliegen (ohne bestimmten Zeitpunkt) oder Bezug zur Gegenwart haben abgeschlossene Handlungen, die weiter zurückliegen, oder zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit stattfanden Beschreibungen (Wetter, Gefühle...); sich regelmäßig wiederholende Handlungen; gleichzeitig ablaufende Handlungen Vergangene Handlungen, die Vorzeitigkeit ausdrücken
Signalwörter hoy (heute)
esta/e mañana/semana/año (heute morgen, diese Woche, dieses Jahr)
hasta ahora (bis jetzt)
últimamente (in letzter Zeit)
ayer (gestern)
la semana pasada (letzte Woche)
el año pasado (letztes Jahr)
en 1988 (Zeitangaben im allgemeinen)
hace unos años (vor einigen Jahren)
mientras (während)
de niño/a (als Kind)
de joven (als ... jung war)

Aber keine Sorge:
Das erklären wir Ihnen noch einmal wesentlich ausführlicher in den jeweiligen Kapiteln.

Schließlich gibt es im Spanischen neben der Aktivform auch noch die Passivform.
Beispiel:
La niña es llamada por la madre. – Das Mädchen wird von der Mutter gerufen.

Im Anschluss beschäftigen wir uns mit der Grundform des Verbs, dem Infinitiv.


 

Inhaltsverzeichnis dieser Spanisch-Grammatik:



 
 
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