Bei den Verben gibt es eine semantische Besonderheit zu beobachten, die typisch für die baltischen und slawischen Sprachen ist: den Aspekt. Er wird gebraucht, um die Aktionsarten zum Ausdruck zu bringen. Als sprachliches Mittel dient hier in erster Linie das Präfix.
Die Präfixe drücken aus, ob eine Handlung, die durch ein Verb ausgedrückt wird, abgeschlossen (perfektiv), unabgeschlossen (imperfektiv) oder noch im Gange ist. Anders gesagt: die Resultate werden angedeutet. Bei dem Bewegungsverb iet 'gehen' kann man dies gut veranschaulichen.
Das Erreichen eines Zustandes, das Resultat, wird u. a. durch die Präfixe ie-, iz-, uz-, no-, pār- oder ap- zum Ausdruck gebracht.
Grobe Bedeutungen könnte man einzelnen Präfixen zuweisen, wie ie- 'in... hinein', iz- 'aus ... heraus' oder pār- für wiederholte Handlungen.
Bei den Bewegungsverben kommen die Präfixe sehr häufig zur Verwendung. Mit ihrer Hilfe kann man verschiedene Aspekte, die mit Bewegung und Richtung zu tun haben, zum Ausdruck bringen. Dafür braucht man nur ein „Basisverb“.
Die bewegungsangebenden Präfixe werden an die Verben angehängt. Manchmal wird die genaue Richtung mit einer zusätzlichen Angabe ergänzt. Zu beachten ist, dass im Lettischen sie mit Lokativ gebildet wird, wobei wir im Deutschen oft einen präpositionalen Ausdruck dafür haben.
Es ieeju istabā.
Ich gehe in das Zimmer hinein.
Es izeju no istabas.
Ich komme aus dem Zimmer heraus.
Es rakstu vēstuli.
Ich schreibe (gerade) einen Brief.
Es uzrakstīju vēstuli.
Ich habe den Brief fertig geschrieben.(Der Brief ist definitiv fertig.)
Es rakstīju vēstuli.
Ich habe einen Brief geschrieben.(Das Ergebnis der Handlung steht noch nicht fest. Der Brief kann fertig sein oder auch nicht.)
Es pārrakstīju vēstuli.
Ich habe den Brief umgeschrieben.