Englisch
und Deutsch gehören –
wie Sie eben im Kapitel zur linguistischen Verortung der Sprache –
gelesen haben, zur gleichen Sprachfamilie.
Und auch wenn man das heute kaum mehr merkt, waren früher beide
Sprachen sich recht ähnlich. Wie das Englische zu derjenigen
Sprache wurde, die Sie in den kommenden Stunden, Tagen, Wochen und
Monaten lernen werden, wollen wir Ihnen hier in groben Zügen
aufzeigen.
Die
englische Sprachforschung unterteilt das Wachsen und Werden dieser
Sprache in vier Phasen. Zu Beginn existierte das Altenglische,
woraus sich (durch Zwang –
Sie werden das später erfahren) das Mittelenglische
entwickelte. Dem folgte das sogenannte Frühneuenglische,
aus dem sich wiederum das moderne
Englisch,
dessen Sie auch bald mächtig sein werden, herausbildete.
Aber
ganz so einfach war es nicht. First
things first:
Im Jahre 449
des Herrn –
ergo: nach Christi Geburt –
eroberten die Angeln, Sachsen und Jüten jenes Eiland, das wir
heute als England
(vgl. Angeln-Land ... daher hat England also seinen Namen) kennen.
Zur Niederschlagung der dort ansässigen Bauersleute bringen
diese Stämme nicht nur Kampf- sondern auch Sprachwerkzeug mit.
Man erobert und siedelt und verbreitet seine Sprache, besser: seine
Dialekte, denn von einer einheitlichen Standardsprache konnte damals
bei Weitem noch nicht die Rede sein. Auch weitere Sprachen nahmen in
dieser Zeit Einfluss auf das sich entwickelnde Altenglisch: Keltisch,
Latein und skandinavische Sprachen. Der Einfluss letzterer ist wohl
der größte, denn es handelte sich bei den Sprachen der
Wikinger (die immer wieder an den verschiedensten Stellen einfielen)
ebenfalls um germanische (also verwandte) Sprachen. So ging eine
Vermischung schnell und einfach vor sich.
1066
schließlich
fand die Phase des Altenglischen ein jähes und genau datierbares
Ende mit dem Einfall Wilhelm des Eroberers. Er setzte sich in der
Schlacht bei Hastings gegen König Harald II. durch und ab diesem
Moment sprach man in England (vom) Mittelenglisch(en).
Der bis dahin regierende und herrschende englische Adel wurde von
einen Tag auf den anderen durch die Normannen Wilhelm des Eroberers
ersetzt. Eben diese „Nordmänner“ sprachen, da sie aus
Frankreich kamen, Französisch. Das Englische wurde verdrängt
und nur noch von der einfachen Bevölkerung gesprochen, was einen
enormen Prestigeverlust der englischen Sprache zur Folge hatte. Aus
dieser Zeit stammen viele französisch-stämmige Wörter,
die noch heute im Wortschatz des Englischen zu finden sind. Ab Mitte
des 13. Jahrhunderts aber begann eine Phase der Rückbesinnung
auf das Englische als Nationalsprache. Es gewann wieder an Ansehen
und Verbreitung. In diese späte Phase des Mittelenglischen
fallen wesentliche Veränderungen in der Grammatik der Sprache:
Die Flexion begann zu verschwinden, ebenso das grammatische
Geschlecht der Substantive. Die S-V-O (Subjekt-Verb-Objekt)-Regel
wurde als verbindliche Regel für den Satzbau
des Englischen festgeschrieben. Das war notwendig, um
Missverständnisse (keine Flexion; kein Geschlecht der
Substantive mehr) zu vermeiden.
Bis
zum Beginn des 16.
Jahrhunderts
wurde dann langsam aber sicher der Weg hin zu einer Standardsprache
geebnet. Der Dialekt um die Hauptstadt London setzt sich landesweit
durch und verbreitet sich. Durch die Erfindung des Buchdrucks wird
die Vorrangstellung dieses Dialektes weiter festgeschrieben. Immer
mehr Menschen lernen lesen und schreiben. Dies ist die Zeit, in der
man von der Phase des Frühneuenglischen
spricht. In diese Phase fallen nochmals wichtige und einschneidende
Veränderungen, die den Weg zum modernen
Englisch
bereiten. Jetzt kommt es zu großen Lautverschiebungen im
Vokalsystem der Sprache: Lange Vokale werden mehr und mehr kürzer
und vor allem höher ausgesprochen.
Ab
dem 18.
Jahrhundert
spricht man schließlich vom modernen
Englisch,
das Sie jetzt lernen werden. In diese Zeit fällt auch die
rasante Verbreitung des Englischen. Im Zuge der Kolonialisierung und
der Entdeckung Amerikas wird Englisch zur Weltsprache!