Die
heute eigenständigen Sprachen Bosnisch, Kroatisch und Serbisch
wurden bis zum Zerfall Jugoslawiens nach 1991 als eine Sprache namens
Serbokroatisch bezeichnet. Auch heute noch verstehen sich Sprecher
dieser drei Sprachen problemlos untereinander.
Die
großen und kennzeichnenden Eigenschaften der Grammatik sind in
allen drei Einzelsprachen gleich. Bosnisch, Kroatisch und Serbisch
sind slawische Sprachen. Als solche sind sie gekennzeichnet von einer
starken Flexion der Wortarten, einer größeren Anzahl der
Fälle und der Kategorie des Aspekts im Verbsystem – um nur
einige Merkmale slawischer Sprachen zu nennen.
Dennoch
gibt es regionale und geschichtliche Unterschiede, die die Sprachen
voneinander trennen.
Inwieweit
unterscheidet sich Bosnisch von Serbisch und Kroatisch?
Wenn
man sich mit einer oder allen drei Sprachen beschäftigt, muss
man zunächst lernen, dass es in der Aussprache
einen wesentlichen Unterschied gibt: Man unterscheidet die
ljekavische (oder ijekavische) von der ekavischen Art der Aussprache.
Diese
Unterscheidung hört sich kompliziert an, ist aber schnell
erklärt. In einer gemeinsamen Ur-Sprache (dem „Urslawischen“)
gab es den Laut „jat“. Im Verlauf der Entwicklung der
verschiedenen slawischen Einzelsprachen haben sich zwei Arten der
Aussprache dieses Lauts entwickelt: In einer Gruppe von Sprachen
spricht man diesen Laut als [ije] aus. Diese Sprachen gehören
somit zur ijekavischen Gruppe. – Die anderen sprechen den Laut
nur als [e] aus und zählen zur ekavischen Gruppe.
Die
nachfolgende Tabelle zeigt Ihnen Beispiele:
Die Unterschiede zwischen der
ijekavischen und der ekavischen Variante
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in der ijekavischen
Variante schreibt und spricht man:
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in der ekavischen
Variante schreibt und spricht man:
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cvijet
(dt. Blume)
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cvet
(dt. Blume)
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lijepa
(dt. das Schöne)
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lepa
(dt. das Schöne)
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mlijeko
(dt. Milch)
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mleko
(dt. Milch)
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poslijepodne
(dt. Nachmittag)
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poslepodne
(dt. Nachmittag)
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svijetlo
(dt. Licht)
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svetlo
(dt. Licht)
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vrijeme
(dt. Zeit, Wetter)
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vreme
(dt. Zeit, Wetter)
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Des
Weiteren kann man auch auf der Ebene des Wortschatzes einige
bosnische Eigenheiten herausarbeiten. Wenn Sie sich in den nächsten
Tagen und Wochen immer mehr bosnischen Wortschatz aneignen, werden
Sie merken, dass es im Bosnischen recht viele „Turzismen“
- das sind Lehnwörter aus dem Türkischen, Arabischen und
Persischen – gibt.
Beispiele
zeigen wir Ihnen hier:
Beispiele für Turzismen im
Bosnischen
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das bosnische Wort ...
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stammt aus dem ...
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und heißt auf Deutsch ...
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bašta
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Türkischen
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Garten
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komšije
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Türkischen
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Nachbar
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kičma
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Türkischen
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Wirbelsäule
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merhaba
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Türkischen
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Begrüßung
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muštuluk
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Türkischen
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die gute Nachricht
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Was
die Schreibung von Fremdwörtern und Eigennamen angeht, neigt das
Kroatische dazu Eigennamen im Original zu übernehmen. Im
Bosnischen und Serbischen dagegen wird versucht sie der Aussprache
anzupassen. In ein kroatisches Formular würde man zum Beispiel
„München“ oder „New York“ als Geburtsort
eintragen – in Bosnien sollte man „Minhen“ oder
„Njujork“ schreiben.
Auf
der Ebene grammatischer Regeln und Formenbildung wollen wir Sie
darauf hinweisen, dass es Unterschiede im Gebrauch des Infinitivs
(der Grundform eines Verbs) und der Bildung der Futur(d.h.
Zukunfts)formen gibt. Da Sie aber mit diesem Sprachkurs nur Bosnisch
lernen möchten, werden Sie in den entsprechenden Kapiteln nur
Erklärungen und Beispiele aus dem Bosnischen finden. Damit
wollen wir Verwirrungen und Unsicherheiten vermeiden.
Und
nun steigen wir in das Erlernen der Sprache direkt ein: Im nächsten
Kapitel beschäftigen Sie sich mit den Regeln
zur Aussprache
des Bosnischen.