Der Konjunktiv

Die erste gute Nachricht ist, dass das Dänische keine eigene Form für den Konjunktiv kennt! Die zweite gute Nachricht ist, dass der Konjunktiv im Dänischen kaum noch verwendet wird. Doch wie werden dann zum Beispiel hypothetische oder unmögliche Ereignisse ausgedrückt? Das werden Sie in diesem Kapitel lernen.

Da viele auch im Deutschen Schwierigkeiten mit dem Konjunktiv I und II haben, folgt hier noch eine kurze Erklärung – wohlgemerkt zunächst für das Deutsche. Auf diese Weise sollte es im Anschluss leichter sein, den Konjunktiv auch im Dänischen anzuwenden.

Konjunktiv I
Der Konjunktiv I wird hauptsächlich in der indirekten Rede verwendet und hier vor allem im Schriftlichen.
Auch in folgenden Fällen wird er (gelegentlich) verwendet:
  • Aufforderungen
  • Gebrauchs- bzw. Bedienungsanleitungen
  • Packungsbeilagen von Medikamenten
  • rhetorischen oder religiösen pathetischen Aussagen
Die Anwendung des Konjunktiv I wird immer seltener. Vor allem in der Umgangssprache bevorzugt man im Deutschen den Konjunktiv II oder die Kombination würde + Infinitiv.
Konjunktiv II
Der Konjunktiv II wird im Deutschen vor allem verwendet, um etwas Gedachtes oder Irreales auszudrücken.
Der Konjunktiv II kommt in folgenden Fällen ”zum Einsatz”:
  • um Bedingungen zu formulieren (sogenannte Bedingungssätze)
  • um eine vorsichtige Vermutung oder einen höflichen Wunsch auszudrücken
  • um einen Rat zu geben
  • um etwas zu vergleichen
Auch in der indirekten Rede wird der Konjunktiv II verwendet, und zwar dann, wenn die Formen von Indikativ und Konjunktiv I gleich sind.


Wie sieht das Ganze aber nun im Dänischen aus?

1. Konjunktiv I

Der Konjunktiv I ist sehr einfach. Er hat nämlich die gleiche Form wie der Infinitiv. Er wird im modernen Dänisch aber nur noch in einigen festen Wendungen, in der Rechtssprache oder in Wunschsätzen verwendet.

Anwendung Dänisch Deutsch
  • Flüche
Gid fanden tage ham! Möge ihn der Teufel holen!
  • Wünsche
Gud velsigne dig! Möge Gott dich schützen!
Gud bevare Danmark! Gott schütze Dänemark!
Velbekomme! Möge es wohl bekommen!
Dronningen længe leve! Lang lebe die Königin!
  • Erlaubnis, Zugeständnis, Hoffnung
Koste hvad det vil. Koste es, was es wolle.


Der Konjunktiv I wird also nur sehr eingeschränkt verwendet. Auch die aus dem Deutschen bekannte Anwendung des Konjunktiv bei der indirekten Rede gibt es so im Dänischen nicht. Sie verwenden einfach – entsprechend dem Zeitpunkt des Geschehens – entweder Präsens, Präteritum, Perfekt oder Plusquamperfekt – aber nicht den Konjunktiv!

Dänisch Deutsch
Lars: ”Jeg har allerede hentet bogen.” Lars: ”Ich habe das Buch schon geholt.”
Lars siger, at han allerede har hentet bogen. Lars sagt, dass er das Buch schon geholt habe.

Søren: ”Jeg kan ikke komme.” Søren: „Ich kann nicht kommen.“
Søren sagde, at han ikke kan komme. Søren sagte, dass er nicht kommen könne.

Grethe: ”Vil du godt hjælpe mig i morgen?” Grethe: ”Kannst du mir morgen helfen?”
Grethe spørger, om jeg godt vil hjælpe hende i morgen. Grethe fragt, ob ich ihr morgen helfen könne.


2. Konjunktiv II

Das Dänische kennt auch für den Konjunktiv II keine eigene Form. Man verwendet einfach Präteritum oder Plusquamperfekt, je nachdem, ob sich das Geschehen auf die Gegenwart oder die Vergangenheit bezieht. Häufig wird dann noch das Präteritum der Modalverben (meist von kunne, skulle oder ville) hinzugefügt. Beachten Sie dann aber, dass das Verb nach dem Modalverb im Infinitiv bzw. Infinitiv + Partizip Perfekt steht.

Diese Regelung wenden Sie an für
  • irreale Wünsche, Vergleiche
  • Empfehlungen und Ratschläge
  • höfliche Bitten
  • Ausdruck einer Möglichkeit oder für vage, vorsichtige, vermutende Aussagen
  • nicht erfüllbare Bedingungen (sogenannte Bedingungssätze)

Anwendung Dänisch Deutsch
Irreale Aussagen, Wünsche oder Vergleiche
  • irreale Aussagen stehen im Präteritum oder Plusquamperfekt, oft kombiniert mit Modalverb
  • irreale Wünsche werden normalerweise durch Modalverben ausgedrückt
    ville ønske (ich wünschte) kann auch durch bare (bloß) oder oder gid (wenn … nur / wäre … bloß) ersetzt werden (siehe auch unten)
  • irreale Vergleiche stehen mit som om (als ob)
Sådan skulle det ikke være. So sollte das nicht sein.
Det kan ikke have været sådan. Das kann so nicht gewesen sein.
Jeg ville ønske, jeg ikke skulle arbejde. oder Gid jeg ikke skulle arbejde. Ich wünschte, ich müsste nicht arbeiten.
Bare jeg kunne gå igen. Könnte ich nur wieder laufen!
Det så ud som om hun forvandlede sig til en heks. Es sah aus als ob sie sich in eine Hexe verwandeln würde.
Höfliche Bitten, Empfehlungen und Ratschläge werden
  • häufig mit dem Präteritum der Modalverben + Infinitiv formuliert
Kunne du ikke gøre mig en tjeneste? Könntest du mir (nicht) einen Gefallen tun?
Du skulle gå tidligere i seng. Du solltest früher ins Bett gehen
Det ville jeg ikke gøre. Ich würde das nicht tun.
Ausdruck einer Möglichkeit oder von vagen, vorsichtigen, vermutenden Aussagen
  • bezogen auf die Gegenwart
  • bezogen auf die Vergangenheit
Det ville være dumt at gøre det. Es wäre dumm, das zu tun.
Jeg skulle være gået hjem. Ich hätte nach Hause gehen sollen.
Ville det ikke være bedre at vente lidt? Wäre es nicht besser, etwas zu warten?


Für Wünsche und Ausrufe verwendet man im Allgemeinen – sofern es sich um keine der oben genannten festen Wendungen handelt – statt des Konjunktivs die Partikel
  • bare (nur)
  • blot (bloß) oder
  • gid (wenn … nur, wäre … bloß …) → Diesen Partikel können Sie allerdings nur bei verneinenden Sätzen oder Fragen verwenden.
Dänisch Deutsch
Bare jeg kunne gå igen! Könnte ich nur wieder laufen!
Havde jeg blot lyttet til dig! Wenn es bloß so wäre!
Gid han ikke gik så langsomt! Wenn er bloß nicht so langsam gehen würde!


Vorsicht...
… bei irrealen Aussagen, die ausdrücken, dass man oder jemand etwas nicht hätte tun sollen.
Det kunne du godt have sagt til mig.
Das hättest du mir schon sagen können.
Det skulle du ikke have gjort.
Das hättest du nicht tun sollen.
Det burde jeg have vidst.
Das hätte ich wissen müssen.


Sehen wir uns nun die Bedingungssätze im Dänischen an.


 

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